Robert Jungk-Platz in Eisenheim
2014
1974
besetzte die Bürgerinitiative Eisenheim (Oberhausen) in ihrer
Siedlung ein Waschhaus und machte daraus ein Volkshaus.
Eisenheim
sollte abgerissen werden – nach dem landesweit praktizierten Motto,
daß Thyssen (damals ohne Krupp) mit der Tochterfirma Rheinische
Wohnstätten (später mit dem gesamten Immobilien-Besitz an eine
US-Bank verkauft, dann noch mal weiter verkauft).
Die
Bürgerinitiative, in der etliche Werkbund-Leute zu- und
mitarbeiteten, wehrte sich heftig – und gewann nach einem
fünfjährigen Kampf.
Zu
den wichtigsten Aktionen gehörte diese Haus-Besetzung. Es gab so
etwas in vielen Ländern. Immer war es spektakulär.
Zur
Einweihung kam Robert Jungk. Er war jahrzehntelang eine hoch
bedeutende Kristallisations-Figur für Widerstand und schöpferische
Alternativen. Er faszinierte in vielen Versammlungen und
Demonstrationen viele Menschen, schaffte es auch, viel in die Medien,
vor allem ins Fernsehen zu kommen und wurde damit einer der
wichtigsten Vordenker und Verstärker der Studenten- und
Bürgerrechts-Bewegung in der Bundesrepublik.
In Eisenheim veranstaltete er mit den Bewohnern seine erste
„Zukunfts-Werkstatt“ außerhalb der Hochschule (er hatte eine
Professur in Berlin).
In
dieser bewegenden Veranstaltung wurde das Waschhaus zum „Volkshaus“
ausgerufen. Es folgte einer damals vor allem in Bologna populären
Idee, die auch in Deutschland weit reichende Wurzeln in der „sozialen
Bewegung“ hatte, aber seit langer Zeit vergessen war. Nun erschien
diese Idee erneut und sehr frisch mitten in einer nagen brisanten
Auseinandersetzung über Wohnungs-Vertreibung durch Spekulation. .
Das
Volkshaus wurde ein Ort, wo die Initiative ihre Treffen,
Veranstaltungen, Feste hatte.
Roland
Günter und Janne Günter waren mit Robert Jungk befreundet. Roland
Günter lernte ihn in Basel in einer Ideenwerkstatt im Atelier eines
berühmten Designers kennen – zusammen mit weiteren 5 Personen:
Diese dachten zwei Tage lang nach über produktive Arbeitslosigkeit.
Dann
ging Robert Jungk nach Nürnberg zur Arbeitsagentur und unterbreitete
dem Chef den Plan für die ABM-Maßnahmen. Er hatte Erfolg:
Arbeitslose wurden ein bzw. zwei Jahre lang sinnvoll beschäftigt.
Daraus entstanden viele Jahre lang in der Bundesrepublik
kulturpolische Projekte.
Janne
Günter und Roland Günter machten dann für die kulturpolitischen
Mitteilungen ein sehr langes Interview mit Robert Jungk.
Aus
Eisenheim erhielt Jungk mehrfach für seine Salzburger „Bibliothek
der Zukunft“ Literatur, die in Ruhr in den brisanten
Auseinandersetzungen zur Rettung der Arbeiter-Siedlungen entstand.
In
der Eisenheimer Werkstatt entwickelten die Beteiligten zusammen mit
Robert Jungk das Volksblatt Ruhr, das initiative Bürger aus mehreren
Siedlungen viele Jahre lang selbst herstellten – mit Texten, vor
allem Reportagen, Bildern, Redaktion und Verteilung.
Das
Gelände des Platzes an der Sterkrader Straße war seit 1846 die
Heimat von Esenhütten.Meistern, die hier in Doppelhäusern lebten.
Thyssen und die Stadt ließen diese „Meister-Häuser“ 1965 (9
Jahre vor der Gründung der Bürgerinitiative) mit einer groben Lüge
platt machen: Man brauche das Terrain für den Bau der Autobahn.
Man
brauchte gar nichts, aber man vertrieb erbarmungslos die Menschen von
Haus, Hof und Garten. Dann gab es dort eine Brache – eine wilde
Wiese. Eisenheimer Bewohner machten daraus einen Park mit poetischen
Objekten.
Als
Demokraten fragten sie niemanden, ob sie dem Platz mit einem Namen
eine weitere Bedeutung geben durften: ihn Robert Jungk widmen.
Sondern sie taten es einfach. Sie sagten: „Der Bürgermeister ist
nicht der Eigentümer der Stadt, sondern nur ein Treuhänder der
Bevölkerung.“ Was lange vergessen war.
Nachdem
das Rathaus lange Zeit mit Thyssen Arm im Arm versucht hatte, ganz
Eisenheim abzuräumen, hatte es bei den Bewohnern nur noch ein
miserables Image – und so schritten diese zu einer partiellen
Selbstverwaltung. Ähnlich machten sie es mit dem Tonino Guerra-Park
einige Schritte entfernt.
So
erinnert der Platz an eine der ganz großen Persönlichkeiten der
Epoche der demokratischen Selbstbesinnung seit 1968.
Roland
Günter