...der
Altmarkt und die Marktstraße als Fokuspunkte für Kultur. Auch ein
Pionier-Projekt für Städte in Bedrängnis. Auf der Suche nach anderen
Werten.
Ein Konzept wie dieses mag auf den ersten Blick erschrecken, weil es umfangreich aussieht.
Aber keine Sorge.
Es ist ein Vorschlag – zum langsamen Nachdenken.
Rom ist nicht an einem Tag erbaut. Es ist realistisch, es kleinen Anfängen wachsen zu lassen.
Die Stadt benötigt dafür fast kein Geld. Dies zu zeigen, gehört zum
Konzept. Man kann sehen lassen, was „arm aber intelligent“ bedeutet.
Dies kann in der Finanzkrise auch für andere Städte Anreiz zum Nachmachen sein.
Das erstmal Wichtigste ist, daß eine Stadt, die bislang weitgehend anders gedacht hat, sich mit dem Umdenken beschäftigt.
Dies muß man nicht an eine große Glocke hängen – kann es aber auch tun, je nachdem, was man sich zutraut.
Es ist jedenfalls ein Konzept.
Ein Konzept für die „Innenstadt als kulturelle Mitte“.
Es kann nicht nur für Oberhausen, sondern auch für die Landespolitik
eines unter mehreren Konzepten sein, weil viele Orte durch die
Veränderung der Handelsstrukturen in eine ähnliche Lage wie Oberhausen
gekommen sind.
Es kann auch ein Modell demokratischen Lernen
werden: Wie Bürger sich an der Stadt-Kultur tätiger beteiligen. Denn das
Ziel einer Stadtdemokratie muß der „tätige Bürger“ sein, der neben
seinem Beruf auch in die Gemeinsamkeit der Stadt kulturell investiert –
mit menschlichem und kulturellen Engagement.
Tatsachen-Analyse zum Handel in der Mitte der Stadt
Der Handel hat die Diskussion über die Stadt in sehr geschickter Weise
30 Jahre geradezu in Haft genommen. Dies führte zu einer total
verengten Debatte über die Stadt. Zusammengefaßt lautet der Kern etwa
so: Es sei die Aufgabe aller städtischen Gestaltung und daher auch
erheblicher Ausgaben, dem Einzelhandel Jahr für Jahr immer mehr
Wachstum zuzuführen. Dies wurde so lange propagiert, bis weite Kreise
diesen Unsinn glaubten und sich in dieser Sackgasse festbissen.
Tatsachen sind:
Wachstum läuft nicht geradeaus, sondern in Wellen, die Konjunkturen genannt werden.
Wachstum ist nicht unendlich.
Der Handel hat viele Zweige. Sie verlagern sich – je nach den Bedürfnissen der Menschen.
Die Bedürfnisse lassen sich nur teilweise steuern.
Der Handel tut so als sei er der wichtigste Steuerzahler. Das stimmt
nicht. Das Steueraufkommen des Handels ist nur eine relativ geringe
Teilmenge des Gesamtaufkommens der Stadt.
Der Handel zahlt nur in
Betrieben Gewerbesteuer an die Stadt, wenn das Geschäft vom
Eigentümer geführt wird. Filialisten zahlen die Gewerbesteuer am Sitz
ihres Unternehmens – oft weit entfernt. Weil die eigentümer-geführten
Betriebe seit langem abnehmen, erhält die Stadt unproportional wenig
Gewerbesteuer vom Handel.
Auch das Argument Arbeitsplätze wird
leider immer schwächer. Große Geschäfte haben extrem rationalisiert d.
h. Arbeitsplätze abgeschafft. Man muß auch die Qualität der
Arbeitsplätze bedenken. Ein erheblicher Teil besteht aus Teilzeit,
Aushilfe, Niedriglohn u. a.
Wenn man das Steuer-Aufkommen des
Handels zusammen rechnet, kommt man zum Ergebnis, daß es am
Gesamtvolumen des Ortes gering ist – es steht in keinem Verhältnis zu
den Aufwendungen der Öffentlichen Hand d. h. der Allgemeinheit an
Infrastrukturen für die Handels-Bereiche in der Stadt.
Daher ist es meist dreist von den Interessenten, sich in den Mittelpunkt der Stadt zu stellen.
Derselbe Handel hat sich in vier Jahrzehnten nahezu allen nützlichen
Entwicklungen entgegen gestellt. Er verhinderte Fußgängerzonen so lange
bis es ihm nicht mehr gelang, weil die Bedürfnisse dazu stark wurden
und ebenso der Konkurrenzdruck anderer Städte.
Der Handel kämpft um jeden Meter Parkplatz.
Er beschuldigt jeden, der von seinen isolierten und dadurch
ideologischen Kurzatmigkeiten nicht überzeugt ist, als
wirtschaftsfeindlich, erzählt das Märchen der Konkurrenz mit allen
Übertreibungen und Katastrophen-Prophezeiungen bis hin zum „Tod der
Stadt“. Den Tod der Stadt gibt es natürlich überhaupt nicht.
Derselbe
Handel hat blind allen schädlichen Entwicklungen zugestimmt. Der
Verlagerung und Konzentration des Lebensmittel-Handels in Supermärkte
und außerhalb der Innenstädte.
Handel ist teilweise nützlich, aber nicht durchweg.
Zu bedenken ist auch: Wenn die einzelnen Handelsplätze zu groß werden,
können sie die Innenstadt zerfressen. Dies geschieht in vielen
Städten. Das heißt: Bestimmte Größenordnungen passen nicht in
gewachsene Strukturen, auch wenn diese mit Maßen flexibel sind.
Solche Größenordnungen drücken die Miet- und Pachtpreise hoch und
verdrängen damit wichtige und interessante kleine Betriebe, die die
notwendige und gewünschte Vielfalt einer Innenstadt ausmachen können.
Der Handel ist war zu unflexibel, um etwa das Modell der
Buchhandlungen zu übernehmen, für den Kunden Waren, die er nicht auf
Lager halten kann, zu bestellen. Das ortsgebundene Geschäft könnte
durchaus Bereiche des Versandhandels übernehmen.
Der Einzelhandel ist weit davon entfernt, einen Bringe-Dienst zu organisieren.
Er sperrt sich gegen Kleinbusse, die rücksichtsvoll und langsam auch die Fußgänger-Zonen bedienen können.
Er denkt nicht daran, eine vernünftige wahrnehmbare Kommunikation über
Ware und Ort herzustellen, die heute elektronisch leicht machbar wäre.
Er kommt vor allem überhaupt nicht auf die Idee, die
kulturellen Ressourcen der Innenstadt für die Menschen deutlich zu
machen. Er denkt nach dem Motto: Was kein Geld einbringt, interessiert
nicht. Blind läßt er aus, was ihm zuarbeiten könnte.
In
Oberhausen sind die Tatsachen längst am Handel vorbei gelaufen. Der
Handel hat sich in erheblichem Umfang aus der Innenstadt in zwei große
Zentren verlagert – in das CentrO und in das Bero-Center. Der
Stadtmitte ist gewissermaßen für den Handel ein Rest geblieben.
Dort aber lamentiert der Einzelhandel seit Jahrzehnten und fordert
etwas, das inzwischen völlig unreal geworden ist: Augenhöhe mit den
beiden Centern. Dieser Zug, wie immer man das unterschiedlich
beurteilen mag, ist aber schon lange abgefahren.
Das Jammern hat dazu geführt, daß die Stadt schlecht geredet wird. Dies dient niemandem – schon gar nicht dem Handel.
Das Jammern beansprucht umfangreiche Ressourcen der Kommune für eine Unmöglichkeit.
Es setzte sehr lange Zeit der Diskussion das Tabu, nicht über Alternativen zu diskutieren.
Damit schnitt es die Phantasie ab, die für städtischen Entwicklungen notwendig ist.
Ich denke, dieses Tabu muß nun gebrochen werden – zum Nutzen der Innenstadt .
Denn es gibt eine reale Alternative.
Daraus entsteht unser Entwurf für eine anders orientierte Innenstadt.
Entwurf einer anders orientierten Innenstadt
Andere Fäden für Märkte.
Der Handel hat sich in großem Umfang verändert: verlagert in anders
geartete Zentren, in Versand, ins Internet. Es ist immer einiges an
Handel geblieben, meist genügt dies.
Wenn die Pachten und Mieten
fallen, ist dies die Chance für Nischen-Gewerbe, die interessant sein
können. Daraus können andere Fäden für Märkte entstehen.
Wir dürfen dabei auch an das Potential der zugewanderten Bürger denken.
Umwandlung in Wohnungen oder kleine Büros. Viele Läden sind nicht mehr
vermietbar. In Amsterdam hat man sie in erheblichem Umfang zu
Wohnungen umgewandelt.
Kreativ-Dimension. In einzelnen
Läden oder Häusern des Übergangs können einzelne junge Leute temporär
zu geringer Miete oder mit einer privaten Überlassungs-Förderung
„offene Starter-Werkstätten“ einrichten.
Stadtplanerisches Potential.
Die Innenstadt von Oberhausen hat stadtplanerisch und architektonische
ein bedeutendes Potential – das Beste in der Industrie-Epoche in Ruhr.
Die gut erhaltene und charakteristische Marktstraße steht für den Wiederaufbau nach 1945.
Die Plätze haben eine gute Charakteristik. In den 1920er Jahren und
nach dem Krieg arbeiteten an der Innenstadt bedeutende Baumeister wie
Ludwig Freitag, Erwin Gütle und Hans Schwippert.
Dies war keineswegs nichts, es wurde gesehen und wird geschätzt.
Wenn es dann im Lamento unterzugehen scheint, können wir es wieder in Wert setzen.
Parkstadt. Es schließt sich die einzigartige „Parkstadt“ an – ebenfalls eine bedeutende kommunale Leistung.
Plätze
Bühne für Bürger.
Die Innenstadt ist in erster Linie Fokuspunkt der Stadt: für die
Menschen – als Öffentlichkeit, als Geselligkeit, als Treffpunkt, als
Schauplatz, als ein Ort, der in der Lage ist, gewachsene Zeit-Schichten
zusammen bündelt und erfahrbar macht.
Er ist eine Bühne für die Menschen.
Gut gemacht ist er ein Theater einer Stadt, an dem sich jeder beteiligen kann.
Dafür gibt es unzählige Beispiele. Besonders ausgeprägt sind sie in Ober- und Mittelitalien.
Man kann sie auch in Deutschland finden.
„Sommer auf dem Platz.“
In Bonn hat um 1970 ein findiger Kulturreferent, Ulrich Eckard (später
Leiter der Berliner Festwochen), die Vereine meist am Sonnabend auf
den Platz gelockt: zum Genuß des Platzes oder zur Darstellung für die
Öffentlichkeit. Manchmal war das Lockmittel ein Faß Bier. Er nannte dies
„Bonner Sommer“.
Es war so wirkungsvoll, daß sich das Konzept in der ganzen Republik verbreitete.
Wie es aber oft so geht, wurde diese Veranstaltung immer
anspruchsvoller und aufwendiger - dadurch gingen die ursprünglichen und
besten Impulse verloren : der Charme des Einfachen, das fast nichts
kostet. Und die günstige finanzielle Machbarkeit.
Es machte in
einer verfehlten Weise begehrlich nach Aufwand, der schließlich das
Ansinnen zerstörte. Man muß auch über das Zuviel nachdenken.
Der Kern der Idee ist keineswegs verbraucht.
Profil.
Bei all dem darf man nicht wie kommerzielle und andere Veranstalter an
Zahlen denken. Wenige Menschen sind schon viel. Es kommt darauf an,
ein Profil aufzubauen. Jeder Typ brauch eine bestimmte Dauer, um sich
einzuprägen.
Wichtig ist, daß die Presse kontinuierlich mitspielt.
Wenn Vereine diese Chance nutzen, ist der Erfolg vorprogrammiert.
Bühnen. Man braucht für eine intelligente Nutzung der Plätze oft so gut wie nichts an Ausbau und Requisiten.
In Polen entstand das „Arme Theater“: zwei Fässer, eine Bohle und Leidenschaft.
Manchmal genügt ein Stuhl. Ein paar bewegliche Holz-Klötze.
Man kann mit kleinen Bühnen-Konstrktionen arbeiten: einfach handhabbar und fahrbar.
Man muß also nicht an Bau-Maßnahmen denken, bei denen jeder
Quadratmeter teuer ist. In armen Zeiten sind sie dann meist nur die
Ausrede, nichts tun zu können.
Über ein solches Konzept eines
„armen Theaters“ kann man auch im Theater Oberhausen nachdenken. Für
solche Präsentationen genügt oft ein einziger Schauspieler.
Der Vorleser. Man kann sich vorstellen, daß es an jedem Freitagabend auf dem Platz einen Vorleser gibt.
Das Theater hat Schauspieler, die vorzüglich vorlesen können.
Auch weitere Personen können vorlesen.
Man könnte eine Tradition des „Erzählens auf dem Platz“ aufbauen.
Stille Plätze.
Man verstellt sich die Perspektive, wenn man sich Straße und Platz nur
mit vielen Menschen und viel Umsatz denkt. Es gibt eine Fülle von
Beispielen dafür, daß dies nicht notwendig ist, damit ein Platz
attraktiv ist. Es gibt stille Plätze, stille Straßen, stille
Situationen.
Wie man sie interessant machen kann, dazu kann man viel wissen, wenn man sich in Europa umsieht.
Wir müssen Orte schaffen, die unsere nervöse Schnelligkeit bremsen und uns zum Nachdenken bringen.
Film im Stadt-Raum. Oberhausen ist ein bedeutender Film-Ort.
Dies ist für die Stadt in der szenischen Öffentlichkeit bislang kaum genutzt – ausgenommen die kurze Zeit der „Kurzfilmtage“.
Filme kann man an eine Hauswand projezieren.
Die Kurzfilmtage hatten 2011 und 2012 für kurze Filme eine
Video-Station aufgebaut – in einer interessanten Szenerie. Die könnte
eine ständige Einrichtung werden, die man jeweils an einem oder zwei
Abenden in der Woche genießen kann. Sie ist vor allem für Kinder
attraktiv.
In Arezzo gibt es mit Tafeln einen „Weg eines Films“: „La vita é bella“ von Roberto Benigni.
Platz als Symbolik. Platz spielt vor allem eine symbolische Rolle.
Er vermittelt das Gefühl, daß es nicht nur einzelne Menschen gibt, sondern auch ein Gemeinwesen gibt.
Der Platz fokussiert den Gedanken daran.
Kultur-Kooperativen.
In der kleinen toskanischen Stadt Anghiari haben Künstler und Bürger
gemeinsam mit der Stadt eine Kooperative gebildet: Sie verwaltet eine
Anzahl Liegenschaften der Stadt, die diese für die Zwecke der
kulturellen Stadtentwicklung bestimmt.
Denn es gibt immer städtische Liegenschaften.
Und es gibt Läden, die temporär bis zu einer Neu-Nutzung oder
Um-Nutzung leer stehen und zeitlich kulturell genutzt werden können.
Die Kooperative vermietet die Räume gegen eine unterschiedliche,
jeweils angemessene Miete, mit der die Kulturschaffenden leben können.
Dies ist nicht die Markt-Miete, aber die Markt-Miete ist allen Fällen
überhaupt nicht erzielbar. Jedenfalls hat die Aktion mit dem Markt
nichts zu tun, aber mit einer sinnhaften Stadtentwicklung.
Die Kooperative kostet die Stadt nichts.
Sie kann die leeren Läden temporär verwalten , einschließlich der Schaufenster.
Das Beispiel für eine Kooperative geben die Leute im Wasserturm des
Hauptbahnhofes. Dies sind sehr bewegliche Künstler, die in der Lage
sind, Netze zu bilden.
Ereignisse
Mit
Ereignissen muß man anders umgehen als dies landläufig geschieht. Es
bringt wenig, wenn sich eine Fülle von Ereignissen gegenseitig
entwertet und dadurch„auffrißt“. Viele einzelne Ereignisse müssen
aufwendig beworben werden, bringen sehr wenig – dann ist die
Enttäuschung groß und die gutgemeinte Intention schlägt ins Gegenteil
um.
Ereignisse kann man sich anders denken. Dafür gibt es drei Weisen.
1. Jede Woche eine bestimmte Zeit – und dies kontinuierlich.
2. Ein Ereignis, das in etwas Bleibendes einführt. Oder es erneut in Wert setzt.
3. Ein Ereignis, das im Jahr einmalig ist. Zum Beispiel die Kurzfilmtage.
Der Mittwoch-Abend in der Innenstadt.
Drei Monate lang im Jahr. Meine kleine Stadt in der Toskana hat dies
entwickelt. Ohne Aufwand. Anghiari ist noch ärmer als Oberhausen. Es
gibt einige Leute, auch Geschäfte, die etwas dafür tun. Ein
Café-Besitzer (in Italien Bar) darf eine Straße sperren, stellt Tische
auf, macht regelmäßig am Mittwoch-Abend Jazz-Musik.
In Oberhausen kann das „Gdanska“ auf dem Altmarkt etwas Ähnliches machen.
Es kann auch ein anderer Tag sein – die Hauptsache ist Kontinuität, denn dies ist die wichtigste und billigste Werbung.
Künstler auf dem Platz. Die kleine mittelitalienische Stadt Pennabilli macht jedes Jahr eine Woche „Artisti in Piazza“.
Dies sollen auch die eigenen Künstler sein, die in der Stadt wohnen und arbeiten.
Beiträge.
Es gibt in Oberhausen eine vorzügliche kulturelle Infrastruktur. Aber
bislang denkt sie bei ihren Tätigkeiten nahezu ausschließlich an ihre
eigenen Innen-Räume. Dies ist in unserer Klima-Zone verständlich. Aber
jede dieser Einrichtungen könnte darüber nachdenken, wie sie mit kleinen
Beiträgen auch zum öffentlichen Raum beiträgt.
Dies kann auch ein Werbetag der Einrichtungen auf dem Altmarkt sein: „der kulturelle Markt“.
Haus der Geschichte
Haus der Geschichte. In
Oberhausen braucht das Stadtarchiv ein neues Domizil. Dies ist die
Chance für eine neue Struktur: für ein „Haus der Geschichte“.
Das ist mehr als ein ziemlich unöffentliches Stadtarchiv.
Man muß dabei auch nicht auf die Idee kommen, viel finanzielle und
personelle Forderungen zu stellen. Es erfordert ein wenig Umstellung im
Kopf. Und es könnte ein Kreis von Interessierten ohne Entgeld helfende
Köpfe und Hände dazu beisteuern.
Ein Haus der Geschichte soll ein Forum werden: Für Diskurse. Für Arbeitskreise. Für politische Diskussionen
Auch vorhandene Institutionen können dorthin einige Foren und Arbeits-Kreise hin verlagern.
Es soll auch im Zusammenhang mit Bildung vermittelt werden. Ein
Stadtarchiv darf eine „geschlossene Einrichtung“ sein – dazu ist es zu
schade, es besitzt Schätze, die man zwar konservatorisch hüten muß, aber
inzwischen gibt es viele Möglichkeiten, sie teilweise zugänglich zu
machen.
Wichtig: eine gute Bibliothek zu Oberhausen.
Eine visuelle Darstellung der Stadt
Die Geschichte von Oberhausen wurde im letzten Jahrzehnt recht gut in
einigen Büchern dargestellt. Dies war ein bedeutender Schritt, um den
Charakter dieser Stadt erkennbar zu machen: seine besondere Entwicklung
als ein dritter Stadttyp – als durch die Industrie gewachsen.
Teilweise hat das Rheinische Industriemuseum dies bereits anschaulich gemacht.
Daher empfiehlt es sich, mit ihm die Zusammenarbeit erheblich zu intensivieren.
Den das Rheinische Industriemuseum ist für Oberhausen auch zum Teil ein Stadtmuseum.
Flexible Ausstellung in Schaufenstern.
Bislang fehlt ein Stadtmuseum. Dies wäre im herkömmlichen Sinn auf
absehbare Zeit unbezahlbar. Man kann sich aber etwas einfallen lassen,
was den Sinn in anderer Weise transportiert. Eine flexible Ausstellung –
in vielen Teilen. In leer stehenden Schaufenstern. Wenn die
Schaufenster gebraucht werden, kann das Ausgestellte zum nächsten
Schaufenster weiter ziehen.
Zum Orientieren braucht man jeweils ein einfaches fotokopiertes Flugblatt mit einem Plan, wo man die Themen findet.
Erzählte Stadt-Geschichte. Stadt-Entwicklung
läßt sich auch mithilfe von Tafeln darstellen. In Eisenheim wurde zum
ersten Mal in der Geschichte der Stadtplanung ein gesamtes Viertel in
einer unkonventionellen Weise dargestellt – geradezu erzählt. Dies hat
bis heute viel Wirkung. Unser Gehirn hat die Struktur von Geschichten.
Daher freundet es sich am stärksten mit Geschichten an. Die
Wissenschaften und Bürokratien könnten davon einiges lernen.
Man kann eine Darstellung wie in Eisenheim auch in der Innenstadt machen: die Stadtgeschichte erzählen.
Dies wird für einige Zeit einzigartig sein, dann werden es auch andere Städte versuchen.
In Oberhausen gibt es dazu viel interessanten Stoff. Aber man muß ihn interessant zu erzählen wissen.
Spannende Themen zur Stadt
Geschichte ist nicht einfach Geschichte, sondern sie zeigt, was eine
Stadt besitzt, ihren Erfahrungs-Reichtum, ihr Potential an Nach- und
Vordenken. Was kann interessant sein ? Woran kann man lernen ?
Der dritte Stadt-Typ: die
Industrie-Stadt. Nach der frühmittelalterlichen Burg-Stadt und der
spätmittelalterlichen Markt-Stadt ist der dritte Stadt-Typ
dieIndustrie-Stadt, die in der Industrie-Epoche entstand. Oberhausen ist
dafür das älteste und beste Beispiel in Deutschland. Es gibt weitere,
die jünger sind.
Dies läßt sich gut vermittelt darstellen. In der Stadt-Mitte in einer flexiblen Schaufenster-Ausstellung.
Was unterscheidet Oberhausen von anderen Städten ? Dazu gibt es einige Themen, die bislang nicht dargestellt wurden, aber sogar gut darstellbar sind.
Persönlichkeiten. Welche
bedeutenden und interessanten Leute kann die Stadt vorzeigen ? In
Kultur ? Im Theater ? Im Film ? In der Industrie ? In anderen Bereichen ?
Wer war als Gast in Oberhausen ? Zum Beispiel Charly Chaplin.
Die Brücken.
Oberhausen war eine Zeit lang die Stätte der Entwicklung und
Produktion der wichtigsten Brücken des Kontinents: die Welt-Metropole
des Brückenbaus.
Es ist einfach, davon Bilder zu zeigen. Brücken
über die großen Ströme – begonnen mit dem Rhein, dann Beispiele bis
zur Weichsel und über den Nord-Ostsee-Kanal.
Zugleich wurden von
hier aus – als „Transportable Architektur“ - die größten Hallen
gebaut: der Hauptbahnhof Frankfurt, Ausstellungs-Hallen,
Meschinen-Halle der Zeche Zollern 2/4 in Dortmund u. a..
Dazu gibt es sowohl große Architekten (z. B. Bruno Möhring), Konstrukteure (Reinhold Krohn) wie Facharbeiter.
Hinzu
kommen die neuen Brücken der bedeutendsten zeitgenössischen
Brücken-Entwerfer- und Konstrukteure wie Jörg Schlaich und Stefan
Polonyi.
Brückenschläge. Die Internationalen Kurzfilmtage
waren lange Zeit ein Brückenschlag zwischen West und Ost. Heute sind es
Brückenschläge zu anderen Ländern und Themen.
Geschichte kann auch ein Brückenschlag zwischen den Generationen sein.
Zwischen „arm und reich“.
Demokratie soll der wichtigste Brückenschlag in der Gesellschaft sein:
eine produktive Vernetzung der einzelnen. Dies kann man in vielen
Bereichen zeigen: im sozialen Bereich. In der Kultur. In
Infrastrukturen.
Infrastrukturen. So gut wie nie
dargestellt sind Infrastrukturen. Sie sind gewaltige gesellschaftliche
Leistungen, ohne die wir nicht auf das Lebens-Niveau gekommen wären, das
wir heute haben. Man kann zeigen, wer dazu die Anstöße gab. Wer sie
erarbeitete. Welche Kämpfe es kostete, sie durchzusetzen.
Haus der Jugend – mit vernetzter Bildungsarbeit zur eigenen Stadt
Das Haus der Jugend hinter dem Ebertbad ist eine vorzügliche
Architektur der besten Moderne. Zu Unrecht wird es zur Zeit herunter
geredet. Niemand hat etwas vom Abriß. Es ist nur teilweise marode
(Keller), kann aber mit überschaubaren Mitteln repariert werden. Das
Grundstück mit seinem Baumbestand und seinen historischen Altlasten
dürfte wohl kaum einen wirklichen (nicht illusionären) Wert für andere
Nutzungen darstellen.
Man kann das Gebäude kostenlos in die Hand
eines Fördervereins geben, der sich – in der armen Stadt zur
Hauhaltsentlastung – um alles weitere kümmert.
Selbstorganisierte Jugendarbeit ist in Oberhausen ein seit langem bekanntes Thema.
Die Jugendarbeit kann ein Profil erhalten, das es bislang nirgendwo gibt: Bildung zur eigenen Stadt.
Mehrere Themen der Stadtkultur können mit Tafeln an den Wänden
dargestellt werden, um das Interesse der Jugendlichen an der eigenen
Stadt zu fördern.
Eine Zusammenarbeit mit anderen Institutionen
ist gewünscht: mit dem Haus der Geschichte und mit dem Rheinischen
Industriemuseum, ferner mit der Volkshochschule, auch mit Schulen sowie
dem Theater.
Über diese Schiene gibt es immer wieder Verschiedenes an Fördermitteln.
Dimensionen und Maximen
Bislang hat jede Institution sich in ihrem „Einfamilienhaus“
eingerichtet. Dies ist durchaus sinnhaft. Aber sie kann es interessant
finden, einen kleinen Teil ihrer Tätigkeiten als Beitrag in die
Stadt-Öffentlichkeit zu bringen.
Das Motto heißt: Verflechten und öffentlich sichtbar machen.
Klimatische Bedingungen.
Auch darüber muß man reden. Wir haben in unseren gemäßigten Breiten
den Vorteil gegenüber den Südländern, daß wir das ganze Jahr in einem
milden Klima sehr gut arbeitsfähig sind. Aber wir haben nicht die langen
berechenbaren Sonnen-Zeiten. Aber in einigem Umfang können auch wir
etwas mit den Freiräumen anfangen.
Es sollte die Marktstraße
einmal überdacht werden. Dies gelang nicht und man muß es auch nicht
noch einmal probieren. Es genügt, wenn im Laufe der Jahre an vielen
Stellen ein wenig Regen-Sicherheit entsteht: durch Vordächer, die
wenigstens zwei nebeneinander laufende Personen schützen.
In der Mitte des Raumes können zeltartige Gebilde eingefügt werden.
Man kann an einer Seite des Altmarktes eine Holz-Konstruktion als eine Galerie bauen. Als eine Loggia.
„Anders denken.“
Zunächst ist es gut, davon auszugehen, daß man fast all dies mit dem
normalen Budget und den normalen Möglichkeiten machen kann.
Die
Hauptsache liegt in der Orientierung, in guten Entscheidungen, in der
Findigkeit, in Kooperationen, - kurz: im Andersdenken von manchem. Dies
kann man noch heute von der IBA lernen.
Stadtmanager. Das
Stadt-Management erhält eine neue Aufgabe. Es arbeitet sich nicht mehr
am Unmöglichen ab, sondern an den realen Möglichkeiten. Es schafft
Netz-Werke, es bringt Personen in Zusammenhänge, es gibt Hinweise, wie
man zu einfachen Möglichkeiten kommt.
Finanzen
Ohne Geld. Wir müssen aufhören, alles und jedes in der Dimension von Geld zu denken.
Die „reichen Zeiten“ der 1960/1970er Jahre sind vorbei. Übrigens waren
sie auch nicht so üppig, wie viele es sich heute vorstellen.
Das Geld, das manchmal auch großes Geld war, hat uns vergiftet.
Kein Geld – das hat denen, die keine Phantasie haben, faule Ausreden
geschaffen, die gut klingen, aber den Mangel an Energie und Tatkraft
verbergen.
Der erste Gedanke soll in Zukunft wieder sein: Geht es
auch ohne Geld ? Oder mit sehr wenig Geld. Mit den Mitteln, die jeder
ohnehin in der Tasche hat ? Mit Mitteln aus normalen Etats ?
Mit Freunden und Bekannten ?
Mit Gemeinsamkeiten ?
Mit Vereinen ?
Mit Synergien ?
Kann man für einiges auch auf der Straße sammeln ?
Die eigenen Leute öffentlich machen.
Es gibt viele interessante Leute, die in der Stadt. Aber haben das
Gefühl, daß die Stadt sie braucht ? Dies könnte man ihnen geben, wenn
der Gedanke immer wieder umgesetzt wird: Platz als Forum für die Bürger.
Man kann ja fragen, was sie dort tun würden und konkret wollen –
für die Stadt. Dies sollte nichts kosten. Denn wir sind die Stadt.
Mehr als „Wir sind Papst“ und wir sind „Nobelpreisträger“.
Hier
liegt ein unerschöpfliches Potential. Es ruht bloß deshalb, weil es
bislang keinen handfesten Gedanken gab, diese Leute für die Stadt zu
verpflichten.
Ein bißchen gibt es immer. Manchmal muß man es findig machen. Ich kann es nur andeuten.
Mithilfe von Arbeitslosen.
Es ist ein gesellschaftlicher Skandal, daß die Job-Center nicht so
flexibel sind, für solche Tätigkeiten ohne bürokratischen Aufwand,
Menschen, die ja ohnehin öffentliches Geld erhalten, zur Verfügung zu
stellen. Darüber sollte die Gesellschaft nachdenken und tätig werden.
Arbeit für seine Stadt, die seine Gemeinschaft ist, muß ein Jobcenter genauso gut bewerten wie Arbeit in der Wirtschaft.
Förderprogramm. Jeder
Minister versucht, mit seinen rechtlichen und finanziellen
Möglichkeiten seiner Stadt Gutes zu tun. Das tat Halstenberg für Essen
und Schleußer für Oberhausen.
Es gibt ein Programm für qualitätvolle Innenstädte wie z. B. Hattingen und Soest.
Dafür empfiehlt sich auch Oberhausen. Warum Oberhausen, an das
zunächst niemand denkt ? Weil Oberhausen auch als Stadtplanung ein
Beispiel für die Industrie-Epoche ist, für das 20. Jahrhundert.
Oberhausen ist für vieles, das gut begründbar ist, ein besonderes
Beispiel. Es stände einem Landesprogramm als ein Stück erweitertes
Profil sehr gut.
Mit einem solchen Programm kann man viele kleine, aber wirkungsvolle Extras finanzieren.
Kommunikation
Es kommt eine Menge zusammen. Immer schon. Es kann sich vermehren. Man muß es verständlich machen – also kommunizieren.
Dies ist heute sehr einfach – über das Internet.
In Frankreich haben selbst die kleinsten Orte öffentliche Schirme, auf denen sie Tages-Ereignisse und weiteres mitteilen.
Die Stadt hat viele Möglichkeiten, sich mitzuteilen. Mir scheint, daß
sie sich dafür jedoch ein viel zu enges Spektrum gegeben hat. Da ist
mehr möglich.
Mythos
Damit Menschen eine
Stadt mögen, damit sie sie nicht nur schlecht reden, damit sie sich
wohlfühlen, damit sie sie als ihr Aktionsfeld empfinden, brauchen wir so
etwas wie einen Mythos. Es gibt Städte, die das haben. Bislang fehlt
es Oberhausen. Aber einen Mythos kann man machen. Wenn Politik
Gestalten ist, dann versucht sie es.
Weiterstricken !
Autor: Roland Günter